SELBSTSTEUERUNG - Autokorrektur durch Körperbewusstsein und Gegenwärtigkeit 

 

Selbststeuerung beschreibt den Prozess der Regulierung des Umgangs mit uns selbst. Bewusste Selbststeuerung birgt die Möglichkeit, großen inneren Abstand von unseren unbewussten und gewohnheitsmäßigen Programmierungen zu bekommen.

Dabei ist der mechanische Aspekt der Metapher des Steuerns ein hilfreiches Symbol. Ähnlich dem Bewusstsein für die Funktionsweise des Getriebes eines Autos zur Abstimmung der richtigen Geschwindigkeit beim Losfahren, Beschleunigen und Abbremsen sowie der Lenkfunktion zur Gewährleistung der richtigen Richtung,

verhilft auch ein tieferes Verständnis über unsere eigene Funktionsweise und ein Kontakt zu den beteiligten Strukturen zu guter psycho-physischer Selbststeuerung. 

 

Selbststeuerung unserer selbst als Ganzes ist ein Prozess, der mit Dynamik, Energie, Umsetzung, Abstimmung, Ausrichtung und Entscheidung zu tun hat.

Jeder hat schon als Beifahrer oder als jemand, der auf der gleichen Straße unterwegs war, miterlebt, wie sich die Verfassung eines Autofahrers auf die Energie und die Qualität der Reise auswirkt. Eine gestresste Verfassung erzeugt da oft ähnlich extremes Fahrverhalten wie eine flegmatische. Weder eine verunsicherter Fahrer noch ein notorisch gasgebender Fahrer ermöglichen unangestrengtes freudiges Vorankommen. Beide haben relativ störende Auswirkungen auf die Reise. Extrem braves und regelmäßiges Fahrverhalten unterstützt Lebendigkeit und Vitalität genauso wenig wie Kontrollverlust durch Emotionalität und Trunkenheit des Fahrers die Sicherheit unterstützt.

 

Im Zusammenwirken aller sich in uns ausdrückenden Energien, Dynamiken und Ziele, verlangt es jede Situation, dass wir unseren Fahrstil anpassen. Typischerweise richten wir in diesem Anpassungsprozess unsere Aufmerksamkeit ausschließlich auf die äußeren Anpassungsnotwendigkeiten. Das Bewusstsein für Selbststeuerung erlaubt uns die Referenzen für unsere Anpassung, um unser Inneres zu erweitern. Es beruht auf einer inneren Haltung der Begeisterung für differenzierte Selbstwahrnehmung und die Überwindung von althergebrachten und eingefahrenen Gewohnheitsmustern. Selbststeuerung ist eine der Grundübungen der Alexander Technik, die jedem, der Neugierde an innerer Freiheit hat, als Werkzeug vermittelt werden kann. Die Regulierung unserer Reizreaktionsdynamik gepaart mit der Fähigkeit, Gegenwärtigkeit in herausfordernden Situationen hinein auszudehnen, führt dazu, dass unsere Handlungsimpulse, Schritt für Schritt von weniger Zwanghaftigkeit gesteuert sind. Bewusstwerdung, Gegenwärtigkeit oder Neugierde auf neue Handlungsweisen, Verkörperung, Entstörung und Ausrichtung sind die Grundschritte um unsere Selbsteuerung zu entwickeln.

 

In der Verarbeitung hereinkommender Impulse aus unserer Umwelt, unseren sensorischen Nervenenden und unseren Absichten spielt die Taktung unseres Nervensystems eine entscheidende Rolle. Je höher unser Nervensystem getaktet ist, desto weniger selbstverständlich taucht Spielraum im Umgang mit unseren Lebensaktivitäten, Herausforderungen und Wünschen im Bewusstsein auf. Dieser Spielraum hat maßgeblichen Einfluss darauf, wie überhaupt, mit wie viel Freiheit, Stimmigkeit, wahrer Spontaneität und Effizienz wir auf auftauchende Impulse antworten können. F. M. Alexander entdeckte die Möglichkeit, in Bezug auf Gewohnheits-Programme, die laufen und besonders wirksam sind, bevor ein Programm überhaupt gestartet ist, Spielräume im Handeln zu etablieren.

 

Selbststeuerung bietet Raum für Bewusstsein, sie macht uns klar, dass Handlungsfreiheit eine ganz praktische Sache ist. Selbststeuerung führt zu Spontaneität der bewussten Entscheidung sowie zum spontanen Selbstausdruck tieferliegender Ebenen von Intuition, Körperbewusstsein, innerer Führung, emotionaler Freiheit sowie sozialer Kompetenz. Es ist eine innere Bewegung und Persönlichkeitsschulung. Sie kennzeichnet die Effizienz, Reife und Ausdruckstiefe unseres Bewusstseins. Selbststeuerung verhilft uns, aus gewohnheitsbedingten Programmen und Reaktionsmustern auszusteigen und mehr und mehr Freiheit in unser Handeln einfließen zu lassen. Die selbstregulierende Fähigkeit des Ab-Gebens und Zu-Gebens erhält durch Selbststeuerung immer mehr Feinabstimmung. So können Spass, Freude und Erfolg im Umgang mit uns selbst auch Einzug in komplexe und schwierige Situationen Einzug halten.

 

 

Anwendung: Selbststeuerung

 

1. Suche Dir einen Bewegungsablauf oder eine Tätigkeit aus, bei der Du im Alltag den meisten Stress erlebst.

 

2. Bring Dich körperlich in die Stellung, die Du zur Ausübung dieser Tätigkeit einnimmst.

 

3. Mache Dir alle, mit der Tätigkeit verbundenen Handlungsimpulse und den Druck bewusst und fühle es für einen Moment.

 

4. Entscheide Dich jetzt, Deine Aufmerksamkeit vom Stress in das Gespür der Größe Deiner Füße und ihres Wirkens bis in den Rücken hinein zu bringen.

 

5. Erlaube Dir wahrzunehmen, wie sich sowohl Deine innere als auch Deine körperliche Haltung verändern und entspannter an die Situation anpassen können.

 

6. Genieße diese Veränderung und erlaube Dir jetzt, Deine Füße auf dem Boden sitzen zu lassen und Deinen Rücken weit und lang zu denken, bevor Du in Deiner Tätigkeit fortfährst und sie beendest.

 

7. Lehne Dich zurück und schau, welche inneren und äußeren Räume Dir das Bewusstsein für Deine Selbststeuerung erschlossen haben.