DAS SITZEN - Thronen in dynamischer Ruhe-Position

Das Sitzen ist eine Stellung, die Ruhe, Bereitschaft und Wachheit miteinander verbinden kann. Aus der Perspektive des Beugungsgrades unserer Beine betrachtet ist das Sitzen die mittlere Zwischenstation zwischen dem Stehen und dem Hocken. Auf der Ebene der Taktung unseres Nervensystems ist Sitzen ein Zwischenstopp zwischen völliger Bereitschaft und dem Schlafen. Je nachdem, ob wir auf einem Stuhl, Hocker, einem Sessel oder einem Bürostuhl sitzen und, ob wir zu Hause oder unterwegs sind, sind in dieser Position viele Grade von mehr oder weniger Bereitschaft und Gelassenheit gefragt und verfügbar. Der Wachzustand des Sitzens ermöglicht, dass sich das Zusammenspiel unserer Knochen, Gelenke, Muskeln und aller anderen Gewebsfasern immer wieder in Ruhe aussortiert und an die gegebenen Umstände, die Sitzmöbel und Tätigkeiten anpasst. So kann im Optimalfall gelassene, vertikale und horizontale Zentriertheit in entspannter, wacher und ausgeglichener Aufmerksamkeit genossen werden.

 

Die Bewusstseinsqualität des Sitzens

Das Schöne an Sitzen ist, dass es neben der Körperstellung auch eine Bewusstseinsqualität zum Ausdruck bringt, die Besonnenheit, Gelassenheit, Runterkommen, Abstimmung und einen ruhigen Selbst-Kontakt möglich macht. In diesem Sinne beschreibt Sitzen eine Möglichkeit der Art und Weise, in der wir mit uns umgehen. Eine der Herausforderungen des Sitzens liegt in der Kombination aus körperlicher Ruheposition und geistiger, kommunikativer und sehr reduzierter bewegungsmäßiger Aktivität, die hier immer wieder zusammengebracht werden muss. Hierbei wird deutlich, welche Integrationsleistung hier durch unser nueromuskuläres System erbracht werden muss. Die Qualität dieser Integration bestimmt auch den Erfolg, den wir bezüglich schmerzfreiem, gelassenem und entspanntem Sitzen entwickeln können. Diese Integration ist an allen Stellen, an denen wir körperlich herausgefordert sind, ein springender Punkt. Sie wirft die Frage auf, inwieweit wir es unserem Bewusstsein erlauben, uns auszuhalten, ohne durch den inneren Druck, den wir generieren, konstant Schmerz, Unaufmerksamkeit, Nervosität und Spannung tiefer in unser psycho-physisches System und unsere Zellen hineinzuwirken.

 

 

Richtig Sitzen

Wie bei allen Aktivitäten ist es auch beim Sitzen so, dass auf der Suche nach der richtigen Haltung schnelle Ergebnisse gefragt sind, ohne, dass das Erfolgspotenzial von schnell erzeugten Ergebnissen der Körperhaltung hinterfragt wird. Sobald Du Dich gerade hingesetzt hast und Du dem nächsten Handlungsimpuls folgst, vergisst Dein Körperbewusstsein alles, was Du gerade an "richtiger Haltung" entwickelt hast, weil es alles nur Haltung war, und Dein Körperbewusstsein und Dein inneres Reflexsystem 0 % Inspiration davon getragen haben. Es ist sinnvoll, all dies zu berücksichtigen, bevor wir uns mit der „richtigen" Körperstellung, der „richtigen" Sitzhöhe und den „richtigen" Sitzmöbeln beschäftigen. "Richtig" sitzen, „richtig" stehen oder etwas im Sinne des Körperbewusstseins "richtig" machen, setzt die Möglichkeit für theoretisches Richtigsein voraus. Dies kann ziemlichen Schaden anrichten, weil es vom Anwender als zusätzliches Druckmittel benutzt werden kann, das noch mehr Spannung und Entkoppelung von der körpereigenen Intelligenz erzeugt. Andererseits ist es seitens der Vermittler eine Möglichkeit die Komplexität der Situation und mangelnde Geduld und Kompetenz zu vertuschen.

 

Unten und oben

Wie fast alle Aktivitäten und Positionen, so profitiert auch das Sitzen von der Betrachtung seines Zusammenwirkens mit dem Schwerkraftfeld. Die optimale Ausrichtung unserer Körperstellung im Sitzen ist unter anderem eine Frage davon, wie gut wir uns in Ruhe der Schwerkraftwirkung anvertrauen und unser Getragen-Sein empfangen können. Die Füße, das Becken und gegebenenfalls die Unterarme und Hände können beim Sitzen von außen unterstützt werden und bekommen Kontaktkraft, die, wenn wir sie zulassen, ideal zur Inspiration der Sitzstellung aller Bereiche unseres Körpers beiträgt. Hierzu ist es hilfreich, dass wir uns im Sitzen regelmäßig mittels unserer Aufmerksamkeit an die Kontaktflächen, die uns unter Fuß, Becken und Unterarmen angeboten werden, erinnern. Das gleiche gilt auch für den Kontakt mit Arm- und Rückenlehnen und den Gegenständen, die wir zur Ausübung unserer Tätigkeiten anfassen. Wie immer ist es so, dass durch die bewusste sensorische Wahrnehmung von Kontakt der gewohnheitsmäßige Bewusstseinsdrive unterbrochen wird, wodurch unserem System die sinnlich erfahrbare Information des Unterstützt-Seins zugeführt wird. Dieses Zusammenwirken sowie die grundlegende Abhängigkeit der Qualität des Sitzens von den Kontaktflächen macht auch deutlich, wie wichtig die passende und intelligente Gestaltung unserer Sitzumgebung ist. Zu niedrige Tische, niedrig positionierte Computerbildschirme und das Ermangeln von Unterstützungsmöglichkeiten für die Unterarme bei langer Computerarbeit sind genauso verformend für unsere Körperstellung wie unstimmige Stuhlhöhen und zu wackelige oder verformte Sitzgelegenheiten. Die Möglichkeiten, unser Sitzen zu verbessern, reichen entsprechend unserer Geduld und Ausdauer von der Erleichterung von Schmerz bis zur Steigerung des ganzheitlichen Wohlbefindens. Je nachdem wie herausfordernd und wichtig Sitzen für uns ist und wir es nehmen wollen, ist es sinnvoll, immer wieder einige Zeit damit zu verbringen, die gesamte Sitzsituation zu durchdenken, zu „proben" und auf den Entwicklungsprozess unseres Körperbewusstsein anzupassen.

 

Vorne und Hinten

Überall, wo wir Spass daran haben, ist das Freigeben unserer Selbst in den Kontakt mit einer Rückenlehne, die uns gut unterstützt, eine Möglichkeit, unsere Körperstellung zwischen innen und außen, sowie vorne und hinten zu aktualisieren. Sitzen kann sehr konfrontierend sein, weil es die Herausforderung der Synthese zwischen geistiger und körperlicher Aktivität und unserer Präsenz bewusst macht. Somit konfrontiert es uns einerseits mit unserer Seinsvergessenheit im Tun. Andererseits lässt es uns auch den Erfolg von Selbststeuerungsimpulsen direkt spüren, wenn wir durch Unterbrechung unserer Bewusstseinstaktung mehr Körperbewusstsein einladen. Diese Abstimmung zwischen dem Tun und dem Sein äußert sich auf der Ebene unseres Körperbewusstsein im Umgang mit dem Vorne und dem Hinten. Die unglaubliche Vielgelenkigkeit unseres Oberkörpers bringt permanente Bewegtheit und Ausrichtungsbedarf mit sich. Diese Bewegtheit ist multidimensional und in permanenter Abstimmung mit all unseren Lebensprozessen. Um in idealer Weise mit uns in Kontakt und abgestimmt zu sein, ist es hilfreich, diesen Prozess zu respektieren und mit ihm in Kontakt zu sein. Dadurch können wir die ideale Stellung des Oberkörpers und der Wirbelsäule im Sitzen immer wieder einladen. Unsere gewohnheitsmäßig unbewusste Körperstellung, mit der wir uns beim Sitzen oft abstellen, mit all ihren Fehlwahrnehmungen und -interpretationen und deren Auswirkungen, den Spuren von Müdigkeit, Anstrengung, gedanklichen und emotionalen Verstrickungen, die mit den psycho-physischen Verkürzungsmustern verbunden sind, kann dadurch immer wieder aufgelöst werden.

 

 

4 Gute Referenzen für das Sitzen:

 

Die Beine, Füße und das Becken

Für ein Sitzen mit freien Hüftgelenken sowie einem entspannten Rücken ist es wichtig, dass Füße und Beine in einem sehr entspannten Verhältnis zum Boden und Becken sind. Dafür ist es hilfreich, immer wieder zu schauen, dass die Kniegelenke freigegeben werden und die Füße einen gemütlichen Platz finden können, an dem die ganze Fußsohle unterhalb der Kniegelenke mit Bodenkontakt versorgt ist. Dadurch wird eine ideale Kommunikation zwischen Füßen, Beinen, Becken und Rücken angeregt, die das permanente Freigeben dieser Körperregionen untereinander ermöglicht.

So wird das Sitzen zu einem dynamischen und lebendigen Prozess, der unser gesamtes Bewusstsein unterstützt. Dabei ist es immer wieder gut, den Abstand zwischen den Füßen regelmäßig zu variieren, damit sowohl die Außen- als auch die Innenseite des Beines und seine Gelenke ihre Länge entwickeln und behalten können. Andererseits empfiehlt sich auch das regelmäßige Verändern des Abstands zwischen Fuß und Becken, um auch der Vorder- und Rückseite der Beine Öffnung, Ausdehnung und Freigeben zu ermöglichen und somit den Druck auf Fußgelenk, Kniegelenk und Hüftgelenk immer wieder zu reduzieren, beziehungsweise ihm zu erlauben, sich zu entladen.

 

Der Stuhl und das Becken

Je freier die Beine das Becken lassen, desto besser kann es von der Sitzfläche getragen werden. Je freier das Becken die Beine lässt, desto mehr Unterstützung bekommen sie von den Füßen. In der übermäßig angespannten Situation, in der sich unser Becken oft befindet, ist es schwierig, es im Sitzen an die Sitzfläche abzugeben und ihm auf diesem Weg zu erlauben, die ideale Dynamik des Kontakts mit der Sitzfläche zu finden und seine ideale Stellung zu entwickeln. Die Hauptrichtungen, in die das Becken auf der Sitzfläche freigegeben werden kann, sind unten, vorne und hinten. Je angespannter die Oberschenkel- und Beckenmuskulatur ist, desto weniger Möglichkeit besteht, das Becken auf natürliche Weise weit genug nach vorne auf dem Stuhl kippen zu lassen. Dadurch ist es oft schwierig, das bestmögliche Länge des Sitzbeins auf dem Stuhl ankommen zu lassen, so dass das Becken frei von verkürzender muskulärer Aktivität auf der Sitzfläche stabil platziert und unterstützt sein kann. Wird das aber erreicht oder angesteuert, verschafft es dem ganzen Oberkörper die ideale Basis für seine Länge, Weite und Ausgeglichenheit. Die Beweglichkeit der „Scharnierfunktion" des Hüftgelenks erlaubt die Beugungstiefe zwischen Oberschenkel und Oberkörper. Sie bestimmt auch, wo wir mit dem Becken zwischen vorne und hinten auf der Sitzfläche landen. Durch Steifheit im Leisten-, Oberschenkel und Gesäßbereich ist die tiefe Beweglichkeit und Beugungsfähigkeit des Hüftgelenks meistens so eingeschränkt, dass das automatische Landen in einer idealen Sitzpositionen beim Hinsetzen unmöglich ist. Daher empfiehlt es sich, auch den Aspekt des Hinsetzens als dynamischen Prozess oder Übung zu verstehen, der unterstützt werden kann. 

 

Locker vom Höcker

Wie bei der Abstimmung der Beckenstellung auf den Stuhl hilft es hierbei das Becken immer wieder abwechselnd nach vorne und nach hinten freizugeben und seiner Bewegung zu folgen. In diesem Prozess beim Sitzen ist es hilfreich, immer wieder einen Sitzhöcker anzuheben und etwas nach hinten spazieren zu lassen, damit der untere Rücken die Weite entwickeln kann, nach der er verlangt. Dadurch kann dann auch das Kreuzbein immer wieder den optimalen Platz im Becken finden, und die Selbstregulation der Lendenwirbelkurve wird unterstützt. Nicht zuletzt aus diesem Grund empfehlen sich zur Auffrischung des guten Sitzens regelmäßige Spaziergänge mit unseren Sitzbeinen über die Sitzfläche. Die Sitzhöcker befinden sich am hinteren Ende der Sitzbeine. Wenn wir auf ihnen Platz nehmen, unterstützen wir die Tendenz des Beckens nach hinten zu kippen und landen so schnell in einer Situation, in der die Lendenwirbelsäule erst nach hinten entspannt und dann gedrückt wird, was den ganzen Oberkörper kollabieren lassen kann. Sich in einem entspannteren und mehr auf den ganzen Sitzbeinen stattfindenden Kontakt mit der Sitzfläche wohlzufühlen ist ein Prozess, der mitunter jede Menge „Spießeralarm“ oder Veränderungsschmerz auslösen kann. Die neue Kontaktfläche, auf der unser Becken nach jedem Spaziergang landet, ist meistens weniger polarisiert und gibt dem Becken doch genug Unterstützung an den Sitzbeinen vor den Sitzhöckern. So kann das Sitzen optimal aus dem Kontakt mit der Sitzfläche stabilisieren, das Sitzen auf dem Rücken wird vermieden und die Rumpfmuskulatur ist frei zum Atmen und sich’s gut gehen lassen. All diese minimalistischen Tüfteleien funktionieren nur auf ebenen Sitzflächen.

 

Öfter mal mit dem Becken nicken (Hospitalismus)

 

Die Hände und der Rücken

In den wenigsten Situationen, in denen das Sitzen für uns herausfordernd ist, können wir es uns erlauben, die Rückenlehne in vollem Ausmaß einzusetzen. Natürlich ist der Rückhalt, den uns die Rückenlehne gibt, sofern sie nicht von einem schmerzhaft inspirierten Designer vermurkst wurde, eine gute Referenz und geniale Möglichkeit, Unterstützung in allen Bereichen des Oberkörpers, in denen wir den Kontakt hineinwirkenlassen, zu erfahren. Auf diese Weise ist es ebenfalls möglich, Einfluss auf die entspannte Beckenstellung und Verfassung der Beine zu nehmen. In allen anderen Fällen ist eine der wichtigsten Kraftquellen für unseren Rücken, außer dem Becken, die Verbindung über die Hände, Arme und den Schultergürtel. Die Art und Weise, wie wir uns erlauben, uns bewusst in unseren Händen zu verkörpern und die sensorischen Impulse, die so in unser Bewusstsein gelangen, zuzulassen, bestimmt über die Qualität der Anbindung der Hände an den Rücken. In der gleichen Richtung, in der die Nervenimpulse aus unseren Handflächen unser Gehirn erreichen, bewegt sich die Unterstützungskraft, die von unseren Händen über die Schultern in den Rücken wirkt, durch die Knochen und Gelenke nach oben durch und sichert eine kraftvolle, dynamische und frei schwebende Stellung des Schultergürtels. So können zu den motorischen Informationen, die wir über unser Bewegungsbewusstsein erlangen, auch die sensorischen Informationen über die Präsenz, den Ort und die Verfassung der Hand in unser Bewusstsein hineingelangen. Dadurch wird unsere Wirbelsäule von allen negativen Auswirkungen des Nach-Vorne- und Nach-Unten-Ziehens an unseren Schultern befreit. Unser oberer Rücken kann dann in optimale Abstimmung mit dem mittleren und dem unteren gelangen. Freie Armbewegungen, die nicht auf Kosten der Rückseite gehen, werden so möglich, und auch Schmerzen im Hals-Nackenbereich kann so vorgebeugt werden.

 

Der Kopf und die Wirbelsäule

Ein weiterer Faktor für schöneres, freieres, dynamischeres und schmerzfreieres Sitzen ist die gesunde, durchlässige und verlässliche Verbindung zwischen dem Kopf und der Wirbelsäule. Das Ausmaß, in dem unser Agieren, Kommunizieren und Interagieren mit dem Außen sowohl in den Händen und Armen als auch mittels der Sinnesorgane, die besonders stark mit dem Kopf verbunden sind, gefordert ist, ist die Kopfstellung oft viel mehr über andere Funktionen definiert als über ihre natürliche Anbindung an ihre Basis. Dadurch entsteht leicht eine Entkopplung von der Wirbelsäule. Die meisten dieser Reize kommen von vorne, wohin auch wieder die Reaktionen und Handlungen, die sie in uns auslösen, zurückwirken. Daher wirkt auch die Entkopplungsdynamik hauptsächlich nach vorne und unten und muss aus diesen Richtungen heraus entstört werden, um der Kopfstellung im Verhältnis zur gesamten Körperausrichtung wieder mehr oben und hinten zu verschaffen. Ein entstörtes und dynamisches Verhältnis zwischen Kopf und Wirbelsäule bewirkt durch den Ausgleich der dabei im Nervensystem und im neuromuskulären System entsteht, die Qualität von Stabilität und innerer Kraft, die als eigenständiger Wert im Hals-Nackenbereich etabliert und auch in der Begegnung mit herausfordernden Situationen kultiviert werden kann.

 

 

Die Beschreibung eines Korrekturprozesses des Sitzens von Innen:

 

Während ich das hier aufspreche, bin ich in der optimalen Verfassung um zu testen ob das, worüber ich hier schreibe Hand und Fuss hat. Ich sitze gerade sehr müde am Tisch und gebe eine schlechte Werbung für die Alexander-Technik ab. Das einzige, was mir jetzt noch fehlen würde ist, dass mir der Kopf Richtung Tischplatte sackt, das Becken vollends nach hinten kippt, und meine Wirbelsäule komplett in den Rücken hineingedrückt wird.

 

 

Um nachhaltig aus dieser Situation befreit zu werden, beginne ich damit, meine verschränkten, unter die Sitzfläche gezogenen Füße nach vorne zu bringen und meinen Fußsohlen Bodenkontakt zu schenken, während ich dadurch die Verkürzung an der Rückseite meiner Oberschenkel aufgebe, werden meine Sitzhöcker etwas weniger nach vorne gezogen und das Becken kann sich etwas weiter nach hinten auf die Sitzfläche räkeln. Während ich weiter mit schlappem Oberkörper auf der Tischplatte hänge, erlaube ich langsam meinem mitlerweile breiter aufgesetzten Becken, Stützkraft aus der Sitzfläche zu empfangen, um sie weiter über die Beckenknochen und das Kreuzbein zur Wirbelsäule hin wirken zu lassen. So kann ich überrascht zusehen, wie mein Oberkörper, trotz des fortlaufenden Zulassens meiner Müdigkeit, leichte Auftriebstendenzen entwickelt, während meine Ellbogen noch auf dem Tisch abgestellt sind. Dadurch werde ich in ein höheres Maß von Wachheit versetzt, die darin gipfelt, dass sich mein Kopf durch den Auftrieb der Wirbelsäule anhebt und meinen Blick wieder etwas neugieriger für meine Umwelt werden lässt. Auch der Atem fängt an, freier zu werden und seinen Raum in meinem Brustkorb einzunehmen. Dabei wird mir bewusst, wie mein zunehmendes Lungenvolumen durch das Volumen all meiner Organe im Bauchraum unterstützt wird, was wiederum meinem Oberkörper von innen weitere Auftriebskraft zukommen lässt. Der Atem will jetzt auch durch meine Luftröhre und den Rachenraum dem oberen Brust-, Hals- und Kopfbereich Auftrieb schenken, wodurch eine angenehme Anbindung an Füße, Becken und Stuhl möglich wird. Während sich der Hals langsam mehr vom Rumpf unterstützen lässt beginnt eine Hand damit, sich auf den Tisch aufzusetzen und sich näher an mein vertikales Zentrum zu bewegen. Nun beginnt der gesammte Rücken damit, sich von vorne und innen aufzurichten während ich mit ein paar entspannenden Gedanken alle möglichen Verkürzungstendenzen,  besonders im Lendenwirbelbereich unterbreche. Mein Kreuzbein darf weiter im Becken sitzen, während jetzt auch die zweite Hand aufsetzt und Stützkraft über die Hände und Arme zu meinen Schlüsselbeinen und dem Brustbein sowie zu den Schulterblättern wirkt. Nach ein paar weiteren Gähn-Attacken habe ich es geschafft, in eine entspannte und doch wache Bereitschaft meines Körperbewusstseins hineinzufinden, ohne Müdigkeit und Gewicht zu leugnen, ohne mich anzustrengen oder zusammenzunehmen und ohne es mit guter Haltung hinzukriegen. Stattdessen kann ich mir jetzt erlauben, mein entspanntes Becken näher an die Stuhlkannte spazieren zu lassen und bin bereit für den nächsten Arbeitsschritt.